WORIN UNTERSCHEIDEN SICH ELEKTRET-KONDENSATORMIKROS VON „TRUE CONDENSER“ MIKROFONEN?

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WORIN UNTERSCHEIDEN SICH ELEKTRET-KONDENSATORMIKROS VON „TRUE CONDENSER“ MIKROFONEN?

Studiomikros werden häufig als „True Condenser“ bzw. „Echtkondensator“-Mikrofone angepriesen. Was soll das bedeuten, und gibt es so etwas wie „falsche“ Kondensatormikrofone?

EINE FRAGE DER SPANNUNG

Wie im vorangegangenen Tutorial „Was ist ein Kondensatormikrofon?“ beschrieben, ist eine Kondensatorkapsel ein Kondensator, der seine Kapazität im Rhythmus der auftreffenden Schallwellen ändert. Damit die Mikrofonelektronik von dieser Kapazitätsänderung überhaupt etwas mitbekommt, muss die Kondensatorkapsel elektrisch geladen oder „polarisiert“ sein. Für ausreichend hohe Empfindlichkeit muss diese Polarisationsspannung recht hoch sein.

Es gibt zwei Methoden, diese elektrische Ladung aufzubringen. Die traditionelle Methode ist, eine externe Spannung anzulegen. In Studioanwendungen stellt das überhaupt kein Problem dar. Die standardisierte P48 Phantomspeisung arbeitet mit 48 Volt; das genügt als Polarisationsspannung, obwohl viele moderne Kondensatormikrofone einen Spannungswandler enthalten, der noch höhere Spannungen erzeugt (meist 60-80 Volt).

Eine andere Methode, eine Polarisationsspannung aufzubringen, ist eine elektrische Ladung permanent in der Kapsel „einzufrieren“. Dafür verwendet man eine spezielle Substanz namens „Elektret“. Diese Bezeichnung wurde erfunden, weil es sich um das elektrostatische Äquivalent eines Permanent-Magneten handelt. Meist wird der Elektret-Film auf der Gegenelektrode aufgebracht; diese Unterart nennt man (englisch) Back-Electret.

SIND ELEKTRET-KAPSELN „BILLIGTECHNIK“?

Da keine hohe Polarisationsspannung erzeugt werden muss, eignet sich die Elektret-Technik bestens für Mobilgeräte, die mit Batteriespeisung arbeiten und daher mit geringen Spannungen auskommen müssen. Dazu zählen Handys, Laptops, mobile Aufnahmegeräte und Videokameras. In solchen Geräten arbeiten praktisch immer Elektret-Kondensatorkapseln. Auch, weil sich Elektret-Kapseln industriell in großen Mengen relativ preisgünstig fertigen lassen. Aus ähnlichen Gründen, sind auch viele Studiomikrofone im unteren Preisbereich mit Elektret-Kondensatorkapseln ausgestattet.

Die Tatsache, dass Elektret-Kondensatorkapseln tendenziell eher in billigen Produkten verbaut werden, hat dieser Technologie einen zweifelhaften Ruf eingebracht. Dazu kommt, dass einige frühe Elektret-Kondensatormikrofone bereits nach wenigen Jahren unbrauchbar wurden, weil sich die elektrische Ladung verflüchtigt hatte.

Als Reaktion wurde für extern polarisierte Kondensatormikrofone der Begriff „Echtkondensator“ oder „True Condenser“ erfunden, um sie von den vermeintlich schlechteren und billigeren Elektret-Kondensatormikrofonen besser zu differenzieren. Dabei handelt es sich jedoch um ein Begriff aus dem Marketing. Aus technischer Sicht gibt es keine „falschen“ oder „unechten“ Kondensatorkapseln.

Fairerweise muss gesagt werden, dass Elektret-Kondensatorkapseln nicht schlecht klingen müssen. Heutige Exemplare verlieren auch nicht innerhalb weniger Jahre ihre Ladung, wie einige ihrer Vorfahren der 1970er. Einige namhafte Hersteller sind derart überzeugt von der Elektret-Technologie, dass sie sie sogar in ihren Spitzenprodukten verwenden, die z.T. über 2000 Euro kosten!

FAZIT

Guter Klang ist nicht bloß das Ergebnis einer bestimmten Polarisationsmethode. Überlegene Klangqualität resultiert aus erfahrenem Engineering und hoher Fertigungsqualität mit Sinn fürs Detail.

Und wer’s genau wissen will: Alle Neumann-Kondensatormikrofone arbeiten mit extern polarisierten „True Condenser“ Kapseln.